Netzinformationssystem

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NIS: Netzinformationssystem

Trassen-Darstellung mit Querschnitten und Blickrichtung bei Netz-Informationssystemen (Strom).

Ein Netzinformationssystem ist ein Instrument zur Erfassung, Verwaltung, Analyse und Präsentation von Betriebsmitteldaten. Diese beziehen sich auf die Netzwerktopologie, die in einem einheitlichen Bezugsrahmen gegeben sein muss. Mit dieser besonderen Ausprägung eines Geo-Informationssystems arbeiten Ver- und Entsorgungsunternehmen. Hierbei steht in erster Linie die geometrische und graphische Dokumentation des Leitungsbestands im Vordergrund. Von daher fallen sie ebenso in die Kategorie der Betriebs- bzw. Betriebsmittelinformationssysteme (Facility Management System)

Definition nach BILL/FRITSCH (1991): "Ein Netz-Informationssystem ist ein Instrument zur Erfassung, Verwaltung, Analyse und Ausgabe von Betriebsmitteldaten. Diese beziehen sich auf die Netzwerktopologie, die in einem einheitlichen Bezugsrahmen gegeben sein muß."

Netz-Informationssysteme wurden bereits in den Anfängen der GIS-Entwicklung als Speziallösungen eingesetzt. Nachdem zunächst nur die Umstellung der analogen Planwerke der Leitungskataster auf rein graphisch-digitale Führung möglich war, sind heute Systeme mit sehr komplexen Datenmodellen und Knoten-Kanten-Topologie (Thema Graphentheorie, vergl. diverse mathematische Fachlieratur) für eine realitätsnahe Netzverwaltung, besser Netz-Management, auf dem Markt verfügbar. Der wichtigste Aspekt eines Netz-Informationssystems ist daher die Datenbank-Integration und das Datenmodell. Die Systeme müssen hohen Ansprüchen genügen, denn die leitungsdokumentation hat gesetzlichen Bestimmungen zu folgen. Aber schon aus wirtschaftliche Gründen (die Kosten für Schäden durch Bauarbeiten, welche durch mangelnde Kenntnis über die Lage der verschiedenen Leitungen entstehen können, sind mitunter beträchtlich) ist auf eine korrekte, genaue und sichere Datenhaltung und Fortführung zu achten.

Gas- und Wassernetze haben die einfachste Netzstruktur. Sie bestehen im Wesentlichen aus Knoten (schaltbare und nicht schaltbare Leitungspunkte) und Kanten (Rohre bzw. mehrere zu Leitungsabschnitten zusammengefaßte Rohre). Analgen (Bauwerke) stellen eine weitere Datenkategorie dar. Bei Fernwärmenetzen kommt die Problematik der Vor- und Rücklaufrihre hinzu, welche in großen Maßstäben als zwei parallele Strieche, in kleineren Maßstäben als ein Strich dargestellt werden. Kanalnetze (Abwasser) haben prinzipiell die gleiche Struktur, allerdings sind hier zustätzliche Informationen zur Beitragveranlagung und Wertermittlung vorzusehen. Darüber hinaus sind Sonderstrukturen z.B. für Rückhaltebecken u.a. erforderlich, welche Topologisch als Knoten, Geometrisch aber als Fläche Modelliert werden müssen. Wesentlich komplexer ist die Situation bei Strom- und Telekommunikationsnetzen, wie das unten beschriebene Beispiel aufzeigt. Diese Problematiken werden detailliert in dem Buch "GIS in EVU" von U. BERNHARDT [1995] beschrieben. Darüber hinaus gibt es noch weitere Netztypen wie etwa Erdölleitungen, welche aber wesentlich seltener vorkommen. Straßennetze haben zwar ebenfalls eine Knoten-Kanten-Architektur, die Anforderungen unterschieden sich aber teilweise deutlich von den Ver- und Entsorgungsnbetzen, weshalb in diesem Zusammenhang der Begriff NIS kaum verwendet wird.

Für die Darstellung und Verwaltung von Gas-, Wasser-, Fernwärme- und Kanalnetzen gibt es relativ detailliert beschriebene Vorgaben der DIN 2425 und Empfehlungen des DVGW (Deutscher Verband für Gas- und Wasserwesen), der AGW (Arbeitsgemeinschaft Fernwärme) und der ATV (Abwassertechnische Vereinigung). Trotz dieser Standardisierungsbestrebungen bleibt aber ein hoher Anteil werkspezifischer Anforderungen, insbesondere wenn es um die Modellierung von Geschäftsprozessen und die Integration weiterer Anwendungen wie Materialwirtschaft, Netzberechnungen etc. geht, damit ein tatsächlicher (betriebs-)wirtschaftlicher Nutzen der System entstehen kann.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung der Problematik bei Stromnetzen: Bei Stromnetzen liegen häufig einige Dutzend Kabel in einer Trasse (Freileitung oder unterirdische Kabelleitung). Ziel des Netz-Informationssystems muß es sein, alle Kabel zu verwalten, da von Ihnen die betriebliche Netz-Topologie (z.B. welches Haus wird bei einer bestimmten Schalterstellung von welcher Trafostation versorgt) abhängt. Andererseits haben auch die Trassen selbst eine Topologie, denn nicht von jeder Trasse kann ein Kabel an einem Kreuzungspunkt in jede andere eingezogen werden. Die Trassen können ja z.B. in unterschiedlichen Höhen verlaufen. Ein weiteres Problem ist die graphische Darstellung aller Kabel. In analogen Karten und graphikorientierten Systemen wird meist nicht die Trasse, sondern jedes Kabel einzeln erfaßt. Die Kabel liegen aber so dicht beieinander oder sogar übereinander, so daß sie gespreizt werden müssen. Dadurch ist aber Ihre Lage nicht mehr korrekt. In intelligenten Netz-Informationssystemen können daher Trassen durch eine automatisch generierbare Querschnittslegende näher beschrieben werden. Wichtig ist, daß diese Legende logisch mit der Trasse verknüpft ist, sich also die Angaben automatisch ändern (fortführen), wenn ein Kabel neu eingezogen oder herausgenommen wird.